Argentinien – Mate, Melancholie und das Gespräch mit sich selbst




Argentinien – das Land der endlosen Weite, der tiefen Sehnsucht (die hier saudade heißt), der Poesie und des intensiven Miteinanders. Es ist ein Ort voller Gegensätze: laut und still, rau und zärtlich, wild und doch zutiefst spirituell. Und mittendrin: ein Becher Mate – dampfend, bitter, ehrlich.

Mate ist kein gewöhnlicher Tee. In Argentinien ist er Identität, Einladung, Spiegel. Man trinkt ihn in der Gruppe oder allein, morgens auf dem Balkon oder abends am Kamin, unterwegs oder auf der Couch – immer mit einer gewissen Bedeutung.


Dieser Artikel nimmt Dich mit in eine andere Seite Argentiniens – die kontemplative, fast meditative. Wir stellen Dir Pflanzen, Rituale und Orte vor, die das Mate-Trinken zu einem Selbstgespräch machen – irgendwo zwischen Andenwind, Tangoschmerz und innerer Wahrheit.

1. Yerba Mate – Der Ehrliche

Kein Getränk ist so argentinisch wie Yerba Mate – gewonnen aus den getrockneten Blättern der Stechpalme (Ilex paraguariensis). Sein Geschmack ist herb, seine Wirkung wach, seine Symbolik tief: Mate verlangt Geduld, Achtsamkeit und Bereitschaft, Bitterkeit nicht zu vermeiden, sondern zu umarmen.
Wirkung: anregend, ausdauerfördernd, klärend – sowohl körperlich als auch geistig. Ideal für Gespräche mit anderen oder mit sich selbst.

Zubereitung (klassisch): Mate-Becher (Calabaza) zu ¾ mit Yerba füllen, leicht schräg halten, damit sich eine Mulde bildet. Etwas kaltes Wasser eingießen, dann mit heißem (nicht kochendem!) Wasser auffüllen. Trinkhalm (Bombilla) einführen – nicht mehr bewegen. Immer wieder mit heißem Wasser nachgießen.
Zubereitung (modern, mild): 1 TL Yerba auf 250 ml heißes Wasser (ca. 80 °C), 5–7 Minuten ziehen lassen. Gut kombinierbar mit Minze oder Zitronenmelisse für einen weicheren Einstieg.


2. Minze – Die Frische der Pampa

In den ländlichen Regionen, besonders in der argentinischen Pampa, wächst Minze oft wild – eine Begleiterin für heiße Tage, staubige Gedanken und müde Geister. Viele mischen sie dem Mate bei – nicht nur für den Geschmack, sondern auch für ihre kühlende Energie.

Wirkung: erfrischend, klärend, entkrampfend. Hilft, wenn Gedanken kreisen oder der Kopf zu voll ist.
Zubereitung: 1 TL getrocknete oder frische Minzblätter mit Yerba Mate mischen oder separat aufgießen. 5 Minuten ziehen lassen. Kann mit einem Spritzer Zitrone noch verstärkt werden.

3. Cedrón (Argentinische Zitronenverbene) – Die Sanfte

In den Gärten der Nordwestregion (z. B. Salta oder Tucumán) wird gerne Cedrón getrunken – eine südamerikanische Variante der Zitronenverbene. Sie bringt Harmonie in das oft intensive Leben und wirkt wie ein stiller Trostspender.
Wirkung: beruhigend, verdauungsfördernd, ausgleichend. Perfekt am Abend oder in Momenten innerer Unruhe.
Zubereitung: 1 TL Cedrón mit 250 ml heißem Wasser übergießen, 6–8 Minuten ziehen lassen. Auch als Zusatz im Mate beliebt – für mehr Leichtigkeit.

Orte der Tiefe – Argentinisch Teetrinken

  • Buenos Aires, ein Park in San Telmo: Straßenmusik, melancholischer Tango und ein alter Mann mit einer Thermoskanne Mate – mitten im Lärm beginnt Stille.
  • Cafayate, Nordwesten: Zwischen roten Felsen und Kakteen: Cedrón-Tee mit Blick auf die Anden. Die Luft ist trocken, die Gedanken klar.
  • Patagonien, Ruta 40: In einem kleinen Gasthaus, nach stundenlanger Fahrt durch Nichts, schmeckt ein einfacher Mate wie ein Gebet.
  • Dein Fenster in Córdoba: Regen trommelt leise, der Himmel ist grau – Zeit für einen starken, bitteren Mate und ein leises Gespräch mit dem Selbst.

Tee-Zeremonie à la argentina

Ein achtsames Ritual – inspiriert vom argentinischen Mate-Moment:
Musik: Sanfter Tango, z. B. von Astor Piazzolla, oder das Rauschen der Pampa-Winde als Soundscape.
Duft: Ein Hauch ätherisches Zedernholz oder Mateöl in einer Duftlampe.
Ort: Im Sitzen, mit Blick nach draußen – Fenster, Terrasse oder Baum. Wichtig: Nichts nebenbei tun. Kein Scrollen, kein Hetzen.
Tee: Ein Aufguss aus Yerba Mate, Minze und etwas Cedrón.

Ablauf:
Während der Tee zieht, frage dich: Was in mir braucht heute Raum?
Beim Trinken: Was ist bitter, was ist klar, was ist gut so wie es ist?
Lass jede Antwort kommen – oder auch nicht. Mate ist kein Tee für Lösungen. Sondern für Wahrheiten.